6. Dez 2021 • Allgemein 

Wie reagieren Betroffene auf Rassismus? (Pressemitteilung DeZIM-Institut)

Berlin, 06.12.2021

Menschen, die von rassistischer Diskriminierung betroffen sind, setzen sich häufig nicht dagegen zur Wehr. Verschiedene Studien zeigen, dass sie solche Vorfälle oft nicht einmal melden. Warum ist das so? Und von welchen Umständen hängt es ab, ob Menschen sich aktiv – und sogar erfolgreich – gegen rassistische Diskriminierungen wehren? Diesen Fragen ist ein Forschungsprojekt am DeZIM-Institut nachgegangen. Die Ergebnisse veröffentlich das DeZIM-Institut jetzt in einem Project Report.  

Gegen rassistische Diskriminierung können sich Menschen, die davon betroffen sind, auf verschiedene Weisen wehren: sie können die Diskriminierung bei einer zuständigen Stelle melden, etwa bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes oder anderen Beratungsstellen. Sie können sich auch an die Öffentlichkeit wenden oder, in manchen Fällen, Klage erheben. Doch häufig werden solche Möglichkeiten nicht genutzt.
Um herauszufinden, woran das liegt, haben Forscher*innen des DeZIM-Instituts die Angaben von Betroffenen rassistischer Diskriminierung aus der Studie „Diskriminierungserfahrungen in Deutschland“ der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2017 gesondert ausgewertet. Darüber hinaus flossen die Ergebnisse eines Workshops mit 18 Praktiker*innen aus der Betroffenenberatung und der politischen Bildungsarbeit sowie aus Vernetzungs- und Koordinierungsstellen in die Untersuchung ein. Ob sich Menschen gegen rassistische Diskriminierung wehren, hängt demnach von vielen Faktoren ab – unter anderem davon, in welchem Lebensbereich sie diese Diskriminierung erleben.

Melde- und Beschwerdestellen helfen

„Wo Melde- und Beschwerdestellen existieren, werden häufiger Gegenmaßnahmen ergriffen. Dies trifft etwa auf Benachteiligungen im Bildungswesen und am Arbeitsplatz zu“, sagt Dorothea Rausch, eine der Autor*innen des Project Reports. „Rassistische Diskriminierung auf Ämtern und von Behörden bleibt dagegen häufig folgenlos. Nur 20 Prozent der Menschen, die von rassistischer Diskriminierung auf Ämtern und von Behörden berichteten, gaben an, sich dagegen gewehrt zu haben. Zur Begründung sagten sie, keine Möglichkeiten zu kennen oder nicht über die Ressourcen zu verfügen, um dagegen vorzugehen. Noch schlechter sieht es bei Diskriminierung in der Öffentlichkeit oder in der Freizeit, auf dem Wohnungsmarkt und beim Zugang zu Waren und Dienstleistungen aus.“

Die Form der Diskriminierung spielt keine große Rolle

Ob sich Betroffene gegen rassistische Diskriminierung wehren, hängt nicht unbedingt von der Form der Diskriminierung ab, die sie erfahren. Das ist ein weiteres Ergebnis dieser Studie. Wer sich gegen rassistische Beleidigungen zur Wehr setzt, hat allerdings größere Chancen auf Erfolg als jemand, der sich dagegen wehrt, aus rassistischen Gründen schlechter benotet, nicht befördert oder beim Gehalt benachteiligt zu werden. Wer von anderen Menschen Unterstützung erfährt, wenn er sich aktiv gegen rassistische Diskriminierung wehrt, hat ebenfalls häufiger Erfolg – im Sinne einer Entschuldigung, oder, seltener, einer materiellen Entschädigung.

„Solidarität und ein zivilcouragiertes Verhalten von Dritten sind entscheidende Faktoren, die Betroffene dazu ermutigen, gegen rassistische Diskriminierung vorzugehen. Um diese Solidarität und dieses Verhalten zu fördern ist es wichtig, die gesamte Gesellschaft für Rassismus zu sensibilisieren“, sagt Steffen Beigang, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Konsens & Konflikt am DeZIM-Institut und Mitautor der Studie. „Um es Betroffenen von rassistischer Diskriminierung zu ermöglichen, ihre Rechte durchzusetzen, müssen zudem Beratungs- und Rechtsstrukturen gestärkt werden. Insbesondere in staatlichen Institutionen sollte die Antidiskriminierungsarbeit ausgeweitet werden, denn diese haben eine Vorbildrolle. Nicht zuletzt sollte die Betroffenenberatung professionalisiert, und ihre Kompetenzen sollten gebündelt werden.“

Der DeZIM Project Report #04/21 „Reaktionsmöglichkeiten bei Rassismus. Die Bedeutung von Kontextfaktoren für Handlungsstrategien bei rassistischer Diskriminierung“ wurde von Dorothea Rausch, Nader Hotait und Steffen Beigang verfasst und ist hier abrufbar.

Die Projektseite finden Sie hier.

Pressekontakt

Daniel Bax, Pressesprecher
Tel: 030-200754-130
Email: presse@dezim-institut.de
Web: www.dezim-institut.de

Über das DeZIM-Institut

Das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) ist eine Forschungseinrichtung, die durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert wird. Es forscht zu Integration und Migration, zu Konsens und Konflikt sowie zu gesellschaftlicher Teilhabe und zu Rassismus. Das DeZIM wurde 2017 gegründet und stützt sich auf zwei Säulen: das DeZIM-Institut und die DeZIM-Forschungsgemeinschaft. Das DeZIM-Institut hat seinen Sitz in Berlin-Mitte.