Pressemitteilung - Leipzig, 01.03.2023
Anlässlich des weltweiten Zero Discrimination Day am 1. März veröffentlicht das Antidiskriminierungsbüro Sachsen (ADB Sachsen) seine Fallzahlen aus der Beratungsarbeit in Sachsen für das Jahr 2022.
Im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 2022 hat das ADB Sachsen 502 Diskriminierungsfälle in Sachsen bearbeitet. In 2021 waren es insgesamt 429 bearbeitete Diskriminierungsfälle. Die Fallzahlen sind damit um 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Hinsichtlich der Diskriminierungskategorien führen, wie in den Vorjahren, rassistische Diskriminierung (59 Prozent) sowie Diskriminierung anhand der Behinderung (19 Prozent) die Statistik an.
Zum Anstieg der Fallzahlen Burcu Akdoğan-Werner, Fachleitung der Antidiskriminierungsberatung im ADB: „Wir beobachten immer wieder, dass das gesellschaftliche oder auch regionale Interesse an bestimmten Themen oder Ereignissen Betroffene von Diskriminierung verstärkt auf unser Beratungsangebot aufmerksam macht und sich auf unsere Beratungszahlen auswirkt. So haben wir – unter großem öffentlichen Interesse – im Juli 2021 unsere Beratungsstelle in Dresden eröffnet. Seitdem verbuchen wir einen kontinuierlichen Anstieg von Beratungsanfragen am Standort Dresden, der sich auch auf die Jahresstatistik 2022 niederschlägt. Wir freuen uns, dass unsere Beratungsstelle regional so gut angenommen wird und Betroffene den Weg in unsere Beratung finden. – Daneben führten wir im Jahr 2022 das Projekt „Wir fahren fair!“ durch, welches sich schwerpunktmäßig mit Diskriminierung im Kontext ÖPNV befasste. Diese Schwerpunktarbeit führte zu einer größeren Aufmerksamkeit für das Thema in der breiten Öffentlichkeit und – im Bereich ÖPNV – ebenfalls zu einem Anstieg der Fallzahlen.“
So zählte das ADB Sachsen im Jahr 2021 lediglich 11 Diskriminierungsfälle im Bereich ÖPNV, im Jahr 2022 waren es 61 Fälle. Damit haben weitaus mehr Betroffene als in den Jahren zuvor eine Diskriminierung im Lebensbereich ÖPNV gemeldet bzw. unsere Beratungsstellen dazu aufgesucht.
Mit Blick auf die Lebensbereiche wurde unser Beratungsangebot am häufigsten wegen Diskriminierung im Bereich Arbeit in Anspruch genommen (19 Prozent), gefolgt von den Bereichen Behörden (13 Prozent) und Bildung (12 Prozent).
Die Ergebnisse der Betroffenenbefragung der jüngst veröffentlichten Studie „Diskriminierungserfahrungen in Sachsen“ des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM-Institut)[1] bestätigen diese Zahlen. Der Studie zufolge ist der Bereich Arbeit ein Feld, in dem Betroffene am häufigsten Diskriminierung erfahren – 59 Prozent der Befragten haben hier Diskriminierung erlebt. Weiterhin gaben 42 Prozent der Befragten an, im Bereich Bildung Diskriminierung erlebt zu haben, sowie 28 Prozent im Bereich Behörden.[2]
„Im Jahr 2022 haben Diskriminierungsfälle aus den Bereichen Bildung und Behörden zusammengenommen fast ein Viertel unserer Fälle ausgemacht – gleichzeitig sind das die Bereiche, in denen wir als Beratungsstelle besonders wenig Handlungsmöglichkeiten haben, weil hier vor allem auf Landesebene große, rechtliche Schutzlücken bestehen. Staatliches Handeln – ob durch Ämter, Behörden, Schule oder Polizei – kann an dieser Stelle nicht sanktioniert werden und Betroffene von Diskriminierung können gegenüber staatlichen Stellen ihr Recht auf Gleichbehandlung nicht rechtswirksam einfordern,“ führt Sotiria Midelia, Geschäftsführerin im ADB, aus. „Eine zentrale Handlungsempfehlung der DeZIM-Studie ist es, den rechtlichen Diskriminierungsschutz weiter auszubauen. Als ADB Sachsen würden wir ein Landesantidiskriminierungsgesetz in Sachsen nach Berliner Vorbild begrüßen und bringen uns zudem aktiv im Rahmen der Initiative „AGG-Reform – jetzt!“ ein, um die durch die Ampel-Koalition versprochene AGG-Novellierung voranzutreiben.“
Eine detaillierte Aufschlüsselung der Fallzahlen kann den Grafiken in der Anlage entnommen werden.
Hintergrund:
Das Antidiskriminierungsbüro Sachsen ist zentrale Anlaufstelle für Betroffene von Diskriminierung in Sachsen und die einzige unabhängig arbeitende Stelle für alle Diskriminierungsmerkmale nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie für Mehrfachdiskriminierung in Sachsen.
Die Antidiskriminierungsberatung ist ein Unterstützungsangebot für Betroffene von Diskriminierung bei konkreten Benachteiligungen wegen rassistischen oder ethnischen Zuschreibungen, des Geschlechts, der sexuellen Identität, des Lebensalters, der Religion oder Weltanschauung sowie der Behinderung oder chronischer Krankheit. Die Beratung unterstützt Betroffene auf psychosozialer und rechtlicher Ebene sowohl im außergerichtlichen als auch gerichtlichen Bereich als Beistandschaft vor Gericht.
Die Beratungsstellen befinden sich in Chemnitz, Leipzig und Dresden. Das Beratungsangebot ist kostenfrei.
Die Antidiskriminierungsberatung ist sowohl unter der sachsenweiten Telefonnummer 0341-306 907 77 von Montag bis Freitag zwischen 9 – 13 Uhr und 14 – 16 Uhr als auch per E-Mail unter beratung@adb-sachsen.de erreichbar.
Pressekontakt:
Katharina Scholz
katharina.scholz@adb-sachsen.de
[1][1] Lara Kronenbitter, Sophia Aalders, Miriam Zineb Meksem, Janne Schleifer, Steffen Beigang (2023): Diskriminierung erlebt?! - Diskriminierungserfahrungen in Sachsen, Nomos-Verlag.
[2] Ebd., S. 107, Abb.