15. Mai 2025 • Allgemein 

Antidiskriminierungsarbeit ist Demokratiearbeit! - Wie wir auf die aktuelle Legislatur und Haushaltssituation im Freistaat schauen

Respekt

Das Antidiskriminierungsbüro Sachsen bietet mit seinen drei Standorten in Leipzig, Dresden und Chemnitz sowie der Online-Beratung wesentliche Anlaufstellen für alle Menschen im Freistaat Sachsen, die von Diskriminierung betroffen sind. Als gemeinnütziger, eingetragener Verein unterstützen wir seit 2004 Menschen bei der Durchsetzung ihres Rechts auf Schutz vor konkreten Benachteiligungen, u.a. wegen rassistischer oder ethnischer Zuschreibungen, des Geschlechts, der sexuellen Identität, einer Behinderung oder chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Religion bzw. Weltanschauung.

Wir bieten Beratung und konkrete Unterstützung, wenn Menschen Diskriminierung erfahren. In zahlreichen Weiterbildungen und Workshops leisten wir einen Beitrag für eine diskriminierungssensible Gesellschaft. Mit der Koordination des Netzwerks nadis (Netzwerk für eine Antidiskriminierungskultur in Sachsen) verbinden wir Kooperationspartner*innen in ganz Sachsen im Interesse des Diskriminierungsschutzes.

Antidiskriminierungsarbeit ist Demokratiearbeit! Ein zentraler Bestandteil der Demokratie ist, dass jede*r die Möglichkeit zur Teilhabe hat. Diskriminierungserfahrungen schränken genau diese ein und unterhöhlen damit die Demokratie. Mit unserer Arbeit stärken wir der Demokratie den Rücken.

Doch bei all dem, was bereits gut läuft, stehen wir vor großen Herausforderungen:

1. Eine stabile Absicherung der merkmalsübergreifenden Antidiskriminierungsberatung in Sachsen

Antidiskriminierungsberatung ist seit vielen Jahren in Sachsen fest etabliert. Sie wird stetig und zunehmend von diskriminierungsbetroffenen Menschen in Anspruch genommen. Allein im Jahr 2024 sind die Fallzahlen in unserer Beratung um 11 % gestiegen. Wir wissen aus Studien[2], dass die Anzahl tatsächlicher Diskriminierungserfahrungen um ein Vielfaches höher liegt. Um den betroffenen Menschen weiterhin zur Seite stehen zu können, braucht es eine stabile und gesicherte Finanzierung. Mehr noch – schauen wir auf den tatsächlichen Bedarf, sollten perspektivisch Formate entwickelt werden, die z. B. Menschen im ländlichem Raum noch besser erreichen. Mit dem Erstarken rechtsextremer Tendenzen in Sachsen ist zu befürchten, dass die Diskriminierung von marginalisierten Personengruppen eher zunehmen wird. Hier braucht es Anlaufstellen zur professionellen Unterstützung sowie die auskömmliche Finanzierung dieser Anlaufstellen.

2. Novellierung Landesstrategie Antidiskriminierung und Umsetzungskonzept „Charta der Vielfalt“

Die „Strategie zum Schutz vor Diskriminierung und zur Förderung von Vielfalt" des Freistaates Sachsen aus dem Jahr 2017 war ein wichtiger Meilenstein für die Etablierung der merkmalsübergreifenden Antidiskriminierungsarbeit in Sachsen – sowohl für die ressortübergreifende Antidiskriminierungsarbeit innerhalb der Landesverwaltung als auch für die zivilgesellschaftlichen Strukturen. Seitdem sind mit der Umsetzung der Strategie wichtige Schritte gegangen und Strukturen geschaffen worden. Darauf aufbauend muss es weitergehen!

  • Gelebter Diskriminierungsschutz braucht eine Verwaltung, die die Wertschätzung gesellschaftlicher Vielfalt und den Abbau von Diskriminierung im konkreten Handeln etabliert.
  • Es braucht Wissen und Expertise für die Förderung von Diskriminierungssensibilität in der Gesellschaft.
  • Es braucht Ansprechstrukturen für diskriminierungsbetroffene Menschen, damit der Schutz vor Diskriminierung und die Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes praktisch umsetzbar wird.

Für all das ist eine aktualisierte und fortgeschriebene Strategie ein wichtiges Fundament und Handlungsleitlinie.

Sachsen bekennt sich mit seinem Beitritt zur Charta der Vielfalt (2019) zu einer Kultur der Wertschätzung von Vielfalt in der Verwaltung. Eine vielfaltskompetente, öffentliche Verwaltung im Freistaat Sachsen wird ihrer Vorbildfunktion gerecht. Mit diesem Ziel sollten dem Bekenntnis konkrete Maßnahmen folgen, die in einer Konzeption zur Umsetzung gebündelt werden. Gerne begleiten wir die Fortschreibung der Antidiskriminierungsstrategie und die Entwicklung von Maßnahmen mit unserer intersektionalen und merkmalsübergreifenden Perspektive und Expertise!

3. Verbesserung des rechtlichen Diskriminierungsschutzes auf Landesebene

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt vor Diskriminierung auf bundesrechtlicher Ebene. Bereiche in Landeshoheit sind somit ausgeschlossen. Dazu gehörten u.a. die großen Bereiche des öffentlichen Handelns und der öffentlichen Bildung. Menschen, die Diskriminierung in Behörden und in Schulen erfahren, können daher ihr Recht auf Gleichbehandlung und Schutz vor Diskriminierung kaum durchsetzen.

Sachsen hat 2024 ein interdisziplinäres Gutachten[1] zur Verbesserung des Diskriminierungsschutzes vorgelegt. Dieses empfiehlt u. a.:

  • die Verbesserung des Diskriminierungsschutzes auf landesgesetzlicher Ebene durch ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG): Mehrere Bundesländer sind bereits dem Vorbild des Vorreiters Berlin in der Schaffung eines LADG gefolgt und befinden sich im Prozess der Gesetzentwicklung oder im Prüfprozess dazu. Wir unterstützen diese Empfehlung nachdrücklich und sehen in einem LADG für Sachsen die beste Umsetzungsoption für die Verankerung des Diskriminierungsschutzes auf Landesebene.
  • Einen wirkungsvollen Schritt zur Verbesserung sehen wir – und folgen hier dem Gutachten – aber auch in der Verankerung des Diskriminierungsschutzes im Sächsischen Schulgesetz (SächsSchulG). Gerade für Kinder und Jugendliche sind Erfahrungen von Ungleichbehandlung gravierend. Sie und ihre Eltern sollen im Fall von Diskriminierung ihr Recht auf Gleichbehandlung wirksam geltend machen können. Kompetente Anlaufstellen im System Schule (Ombudsstelle sowie qualifizierte schulinterne Anlaufstellen) sollten ebenso im Gesetz verankert werden.
  • Wir unterstützen und begrüßen zudem die Empfehlung des Gutachtens zur Schaffung einer internen Ansprech- und Beschwerdestruktur für Betroffene von Diskriminierung durch Verwaltungshandeln.

Kontakt

Wir freuen uns, wenn wir zu diesen Themen im Gespräch sind und für Sie Ansprechpartner*innen im Themenfeld Antidiskrimierung/Gleichstellung sein dürfen.

Geschäftsführung Antidiskriminierungsbüro Sachsen e.V.:
Ari Braun, Katharina Scholz, Jan Diebold
E-Mail: ari.braun@adb-sachsen.de / katharina.scholz@adb-sachsen.de / jan.diebold@adb-sachsen.de

Tel. 0341/3039492

Quellen:

[1] Interdisziplinäres Gutachten zur Verbesserung des Diskrimierungsschutzes entlang der Merkmale des AGG in Hinblick auf landesgesetzliche Zuständigkeiten in Sachsen (2024): https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/44424/documents/67245

[2] Sächsisches Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Gesellschaftlichen Zusammenhalt (Hrsg.) (2023): Diskriminierung erlebt? – Diskriminierungserfahrungen in Sachsen: https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/42235

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