12. Jan 2022 • Publikation 

Amadeu Antonio Stiftung: Langzeiterfassung zu Angriffen auf Geflüchtete in großer Diskrepanz zur offiziellen Statistik

Seit 2015 dokumentiert die Amadeu Antonio Stiftung (AAS) feindliche Vorfälle gegenüber Geflüchteten in Deutschland in einer gemeinsamen Chronik mit Pro Asyl. Seitdem hat die Stiftung mehr als 11.000 Vorfälle, davon 284 Brandanschläge und 1.981 Körperverletzungen, gelistet und öffentlich gemacht. Die neue Publikation der AAS „Leben in Gefahr. Gewalt gegen Geflüchtete in Deutschland“ wertet diese Dokumentation aus und stellt Infografiken zur Verfügung.

Auf ihrer Webseite schreiben die Herausgeber*innen: 

"Die Auswertung offenbart eine eklatante Verzerrung im Vergleich zur offiziellen Kriminalstatistik, die die Delikte nur mangelhaft und mit großer zeitlicher Verzögerung erfasst.
Geflüchtete, die mit Baseballschlägern verprügelt werden oder Kinder, die auf dem Weg in die Schule bespuckt und geschlagen werden: Selbst krasse Fälle von Körperverletzung werden – wenn es um Geflüchtete geht – durch die Eingangsstatistiken der Polizei häufig nicht erfasst. [...]"

Die Stiftung und Pro Asyl kritisieren die mangelhaften Statistiken der Innenministerien und fordern Bund und Länder zu einer vollständigen und transparenten Zählung auf.

Tahera Ameer, Leiterin der Arbeit gegen Rassismus bei der Amadeu Antonio Stiftung, wird zur Veröffentlichung zitiert:

„Es kann nicht sein, dass wir zwar wissen, wie viele Handtaschen 2020 gestohlen werden, aber schwere Körperverletzungen, Anfeindungen und Mordversuche gegen Geflüchtete in der offiziellen Statistik nicht auftauchen. Es fehlt bei der Polizei an Sensibilität, Aufmerksamkeit und Ressourcen, diese Straftaten zu verfolgen. Gewalt gegen Geflüchtete bleibt ein massives Problem, das spätestens seit 2018 schlagartig aus Debatten und Schlagzeilen verschwunden ist. [...]
Nur, weil darüber niemand mehr spricht, hat sich die Situation der Betroffenen nicht gebessert. Ganz im Gegenteil: Nach wie vor werden Unterkünfte angezündet und Menschen werden mehrmals täglich Opfer von Gewalt. Es gibt für Betroffene Angsträume, die ganze Regionen umfassen. Der Rechtsstaat hat versagt, er schützt die Menschen nicht. Wer die Gewalt durch massive Untererfassung unsichtbar macht, macht auch die Menschen unsichtbar.“

Die vollständige Studie 

... können Sie auf der Webseite der AAS kostenfrei herunterladen.

Seit ihrer Gründung 1998 ist es das Ziel der Amadeu Antonio Stiftung, eine demokratische Zivilgesellschaft zu stärken, die sich konsequent gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus wendet.