15. Jul 2020 • Allgemein 

Zwischenbilanz der Pandemie: Anti-Schwarzer Rassismus verschärft (Pressemitteilung des advd)

Pressemitteilung des Antidiskriminierungsverbands Deutschland (advd) vom 14.07.2020

In der Corona-Krise meldeten Antidiskriminierungsberatungsstellen die erhöhten strukturellen Diskriminierungsrisiken, die für People of Color und andere diskriminierte Gruppen bestehen. Nun werden Eindämmungsmaßnahmen zunehmend aufgehoben und die deutsche Gesellschaft kehrt stellenweise zur alltäglichen Normalität zurück.

Nun geht es aus antidiskriminierungspolitischer Sicht darum, Zwischenbilanz zu ziehen: Welche Diskriminierungen wurden verzeichnet? Mit welchen sozialen Herausforderungen sind Betroffene konfrontiert? Ein Blick auf Anti-Schwarzen Rassismus, an den uns die aktuellen Schwarzen Bewegungen kraftvoll erinnern, verweist auf erhöhte Interventionsbedarfe.

Praktische Solidarität gegen Anfeindungen im öffentlichen Raum

Zahlreiche Meldungen erreichen die Beratungsstellen über diskriminierende Begegnungen im öffentlichen Raum. In Bussen, Bahnen, Parks, Geschäften werden Schwarze Menschen offen für die Corona-Situation verantwortlich gemacht. Dabei kommt es zu Beleidigungen, Androhungen, feindlichen Gesten und Zugangsverweigerungen (z.B. im Supermarkt).

Auffällig ist vor allem das Dominanzverhalten in Form von Aufforderungen, den Hygiene- und Abstandsregeln zu folgen, bevor es überhaupt Grund gab, das Gegenteil anzunehmen,“ stellt Aissatou Binger von Diaspora Mittendrin (BDB e.V.), die Menschen Afrikanischer Herkunft berät, fest. „Auch in postmigrantischen Gesellschaften werden Menschen afrikanischer Herkunft noch auf der Basis kolonialer Ideen in die Position der zu Belehrenden gezwungen."

Schwarze Menschen bemängeln, dass es wenig Öffentlichkeit darüber gibt. Eine Ratsuchende berichtete von eigenen Erfahrungen und auch derer anderer Schwarzer Frauen im öffentlichen Raum. Anwesende schauten dabei zu, aber ohne einzugreifen. Somit fühle sie sich in mehrfacher Hinsicht angegriffen und schutzlos,“ berichtet Sandra Karangwa, Antidiskriminierungsberaterin bei Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V. in Köln. „Aufgrund der anonymen Situation im öffentlichen Raum ist es oft nicht möglich, im Nachhinein effektiv dagegen vorzugehen. Daher ist hier sofortige praktische Solidarität gefragt.

Interventionsbedarf gegen strukturellen Anti-Schwarzen Rassismus

Ein weiteres wichtiges Feld sind die strukturellen Benachteiligungen, mit denen Schwarze Menschen durch die Corona-bedingte Rezession und institutionelle Maßnahmen konfrontiert sind, insbesondere, wenn sie zusätzlich von Migration, Flucht oder prekärer Arbeit betroffen sind: gesteigerter Jobverlust, unübersichtliche Fristenregelungen bei Asylanträgen, Home-Schooling ohne entsprechende Kapazitäten in den Familien.

So ergeben sich gesteigerte Interventionsbedarfe. Zentral hierfür sind u.a. der rechtliche Diskriminierungsschutz, die Förderung von Empowerment-Projekten zur Beratung, Begleitung und Zusammenkunft Schwarzer Menschen sowie effektive Gleichstellungsmaßnahmen zur Überwindung sozioökonomischer Ungleichheit.

Kontakt 

Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd)
Céline Barry, celine.barry@antidiskriminierung.org, 01590/ 614661

Der Antidiskriminierungsverband Deutschland (advd) ist ein Dachverband unabhängiger Antidiskriminierungsberatungsstellen.

www.antidiskriminierung.org