1. Okt 2019 • Pressemitteilung 

Sondierungsgespräche in Sachsen: Antidiskriminierungsbüro Sachsen fordert Fortführung von Strategien gegen Diskriminierung

Ein Mensch filmt mit seinem Smartphone eine Pressekonferenz

Beratungszahlen aus Chemnitz und Leipzig zeigen einen kontinuierlich hohen Bedarf an

Diskriminierung ist ein gesamtgesellschaftliches Problem:

Im Jahr 2016 veröffentlichte die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) eine bundesweite Studie, nach der jede dritte Person in Deutschland Diskriminierung erlebt hat. Neben der repräsentativen Studie erhob und veröffentlichte die ADS ebenso qualitative Zahlen – in Sachsen gaben knapp 900 Menschen an, dass sie im Zeitraum 2014/2015 Diskriminierung erlebt haben.
Ergänzend die Fallzahlen aus unseren Beratungsstellen in Chemnitz und Leipzig: Im Zeitraum September 2017 bis September 2019 haben wir in 505 Fällen Betroffene von Diskriminierung beraten und hatten 3.500 Beratungskontakte.

Diskriminierungsschutz ist eine Menschenrechtspflicht:

Das Erleben von Diskriminierung ist würdeverletzend und gefährdet den Zugang und die Teilhabe in existentiellen Lebensbereichen wie bspw. Arbeit, Bildung, Gesundheit und Wohnen. Diskriminierung schwächt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das gegenseitige Vertrauen, auf das unsere Demokratie angewiesen ist. Kurz: Diskriminierung hat fatale Folgen für die konkrete wirtschaftliche und soziale Realität von Individuen und der Gesellschaft als Ganzem. Antidiskriminierungspolitik ist daher Menschenrechtspolitik.

Vor diesem Hintergrund fordert das Antidiskriminierungsbüro Sachsen eine entschlossene Fortführung der beschlossenen der „Strategie zum Schutz vor Diskriminierung und zur Förderung von Vielfalt im Freistaat Sachsen“ (Kabinettsbeschluss Januar 2017) und der damit einhergehenden Maßnahmen in der neuen Legislaturperiode:

1. Flächendeckende Beratung und Unterstützung für Betroffene:

Qualifizierte Antidiskriminierungsberatung ist ein wichtiges Unterstützungsangebot für Betroffene von Diskriminierung und ein zentraler Baustein jeder Demokratieförderung und Antidiskriminierungspolitik.

Deshalb sollte sich die zukünftige Koalition dem Ziel einer aktiven und entschlossenen Antidiskriminierungspolitik verpflichten. Ein effektiver Diskriminierungsschutz braucht wohnortnahe, barrierefreie, unabhängige und professionelle Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen, die Diskriminierung erfahren und ihr Recht auf Gleichbehandlung einfordern wollen. Der 2017 begonnene Aufbau einer flächendeckenden Antidiskriminierungsberatungsstruktur muss auch nach 2020 fortgeführt und weiterentwickelt werden.

2. Einführung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes:

Ein wirksamer Diskriminierungsschutz braucht eine stabile rechtliche Grundlage. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das den Schutz vor Diskriminierung vor allem in den Bereichen Arbeit sowie Güter / Dienstleistungen regelt, war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Gleichzeitig bestehen relevante rechtliche Schutzlücken in zentralen Lebensbereichen, die in den Regelungsbereich der Länder fallen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Bildung und staatliches Handeln. Ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.
Deshalb fordern wir, dass in der neuen Legislaturperiode ein sächsisches Landesantidiskriminierungsgesetz erarbeitet und verabschiedet wird.

3. Verstetigung der Landesgeschäftsstelle Antidiskriminierung:

Sachsen verfügt über eine Geschäftsstelle Antidiskriminierung, die beim Referat Gleichstellung der Staatsministerin für Gleichstellung und Integration angesiedelt ist. Ihr Mandat umfasst ressortübergreifende Aufgaben der Antidiskriminierungspolitik und die fachliche Begleitung des Strukturaufbaus der Antidiskriminierungsberatungsstellen nach AGG. Darüber hinaus ist sie fachliche Anlaufstelle für die Netzwerkpartner_innen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene.
Wir fordern, dass die Arbeit der Geschäftsstelle Antidiskriminierung fortgeführt und das Mandat und die aktuelle Ausstattung der Stelle den Bedarfen angepasst und entsprechend ausgebaut wird. Die institutionelle Anbindung der Stelle muss verstetigt werden.

4. Entschlossene Fortführung der „Strategie zum Schutz vor Diskriminierung und zur Förderung von Vielfalt im Freistaat Sachsen“:

Im Januar 2017 beschloss das Sächsische Kabinett die „Strategie zum Schutz vor Diskriminierung und zur Förderung von Vielfalt im Freistaat Sachsen“. Damit wurde Antidiskriminierungspolitik als politische Querschnittsaufgabe innerhalb der Staatsregierung verankert.
Zur Umsetzung des Kabinettsbeschlusses sind gute und wichtige Maßnahmen entwickelt und umgesetzt worden: der Aufbau von Beratungsstrukturen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, der Landesaktionsplan Vielfalt, der Aktionsplan der Sächsischen Staatsregierung zur Umsetzung der UN-BRK, das Modellprojekt zur Erprobung anonymisierter Bewerbungsverfahren und nicht zuletzt der Beitritt Sachsens zur „Charta der Vielfalt“.
Diese zentralen Maßnahmen zur Umsetzung einer sächsischen Antidiskriminierungspolitik müssen in der neuen Legislaturperiode entschlossen fortgeführt und weiterentwickelt werden.